Sumangali
Sumangali, das
bedeutet auf Tamil „Braut, die Wohlstand bringt“. In der untersten
Gesellschaftsschicht Indiens spricht man vom Heiratsglück, von der Pflicht, für
die eigene Tochter einen Mann zu finden um ihr ein Auskommen zu ermöglichen.
Auskommen, mehr erwartet man nicht. In Tirupur, auch T-Shirt-City genannt,
steht dieser Begriff auch für Ausbeutung, nämlich die Rekrutierung von jungen
Arbeiterinnen, die mit falschen Versprechen für drei Jahre an Textilfirmen verkauft
werden. Monatslöhne von 10 bis 20 Euro für zwölf Arbeitsstunden an sechs Tagen
pro Woche, zudem Nachtschichten, am Ende winkt eine banale Prämie, aber wer
nicht durchhält und vorher abbricht, geht leer aus. Durchhalten, das tun nicht
viele. Selbstmorde sind an der Tagesordnung, mit Benzin oder Pestiziden versuchen
sie sich das Leben zu nehmen, ein Leben, das keines ist: Schläge, sexuelle
Übergriffe, tägliche Gewalt. Einmal im Monat dürfen die Mädchen ihre Eltern
sehen, in Begleitung eines Wachmanns.
Klingt schrecklich,
sagte gestern einer, während wir darüber diskutierten, nur gut, dass das so
weit weg ist, bei uns, ja bei uns wäre so etwas zum Glück nicht möglich. Genau,
sagte ich, das Unrecht, wenn es einen nicht selber betrifft, ist immer weit
genug weg. Und daraufhin ein anderer, die Kleidung, die die Sumangali-Mädchen
herstellen, die gibt es übrigens zu kaufen, ganz in unserer Nähe, und das ist dann doch gar
nicht so weit weg, wie manche glauben.