Scheiß Vogel
Neulich wieder
eingefallen: Der täglich stattfindende Austausch von Banalitäten zwischen
Mutter und Tante, letztere vom Balkon aus auf den Parkplatz hinunterrufend, zu
einer Zeit, in der viele für einen Anruf noch die Nummer am Telefon „drehen“
mussten (acht von zehn Volksschulkindern würden heute dieses Gerät als
veraltete Küchenwaage identifizieren). Einmal, als Mutter mit nach oben
geneigtem Kopf da stand, kreiste zunächst unbemerkt ein Vogel weit oben in der
Luft, verrichtete dann sein Geschäft, warf also Ballast ab, welcher zielgenau
in Mutters Gesicht, auf ihrer Wange und zum Teil in ihrem Mund landete. Der
Schrecken, der herbe Geschmack, der den langsam aufkeimenden Verdacht über die Herkunft
des plötzlich Herabfallenden bestätigte, gepaart mit einem spöttischen, aber
dafür von Herzen kommenden Lachen meinerseits, führte bei Mutter zu einer
spontanen Reaktion, nämlich zu einer mit dem Elan einer geübten Tennisspielerin
ausgeführten Vorhand, die ihr Ziel, meine Wange, mit voller Wucht traf. Scheiß Vogel,
dachte ich damals, was kann ich dafür.