Gutsherren und Untertanen
„Wahrheit will ich, Gerechtigkeit“,
schrie er, während die Gäste des Empfangs beunruhigt zurückwichen, „Gutsherren
und Untertanen“, mit heiserer Stimme und immer lauter werdend, „ihr gleicht
euch bis auf die Socken“, und lachte hämisch, ohne zu bemerken, dass die Sicherheitskräfte
sich von hinten näherten, „Parasiten mit Anzug, die unsere Freiheit untergraben,
sich anbeten und beweihräuchern lassen, ein einziger frevelvoller Schaulauf am
Abgrund, ihr falschen Förderer, wenn ihr euch nicht gerade bekämpft, begünstigt
ihr euch, tretet die Demokratie mit Füßen, niveauloses Pack“, gelang es ihm
noch zu rufen, dann rissen sie ihn zu Boden, hielten ihm den Mund zu und
zerrten ihn weg, brachten ihn fort, und niemand würde je erfahren, was mit ihm geschah.
Die Veranstaltung ging weiter, man lächelte sich an, was nach außen hin eher
wirkte, als belächelte man sich gegenseitig, schüttelte Hände, ließ Gläser
klingen. Und inmitten dieser abgehobenen, wie jenseitigen Gesellschaft, wagte einer
die Frage zu stellen, was denn der Mann eigentlich zum Ausdruck bringen wollte.
Als man ihn, den Fragenden, anstarrte wie einen Nestbeschmutzer, dem, würde er
die Frage wiederholen oder nach der Antwort suchen, das gleiche Ende drohte wie
jenen, die immer noch nicht verstanden hatten, dass Neugierde keine Tugend war
und Rechtsempfinden noch viel weniger, wusste dieser, dass es nicht der
Zeitpunkt und vor allem nicht der Ort war, Dinge zu hinterfragen, und da fiel
ihm der eine Satz ein, den er neulich gelesen hatte: Bestraft werden immer nur
die Bestrafbaren, nie die Schuldigen! Dann trank er sein Glas aus und
schluckte, schluckte das Unrecht hinunter, zu dessen Fortbestehen sein
Schweigen beitrug.