weshalb es auch an uns liegt
Wie wir sie kritisiert haben, die Reichen und Mächtigen, die Bezos, Zuckerbergs und Musks, weil sie soldatentreu stramm der Angelobung beigewohnt haben, auch deshalb, weil sie umgehend damit angefangen haben, jene hart erkämpften Rechte zurückzudrängen, die Fortschritte einzustampfen in ihren global agierenden Unternehmen, für die es Jahrzehnte an Überzeugung gebraucht hat und an mühsamen Aufbau auch. Wie sehr wie sie verachten, weil sie nur auf die eine Gelegenheit gewartet haben, um ihr wahres Gesicht zu zeigen. Und wie sehr wir den einen rügen und schimpfen, wegen der Rhetorik, den Zöllen, der Abkehr von allem scheinbar Gewohnten, der transatlantischen Beziehung, der Klimapolitik, und überhaupt. Und wie wenig wir uns selbst dabei hinterfragen, als hätten wir es nicht ahnen können, als wäre nicht Zeit gewesen, sich umzuorientieren, anders aufzustellen, wenigstens den Versuch zu unternehmen, Schritte zu setzen, Einigkeit zu finden, eine gewisse Unabhängigkeit auch, als noch Raum dafür war. Als hätte nicht schon vorher gegolten, was heute nur rücksichtslos vorgetragen und plump herausgeschrien wird, dass es nämlich um Interessen geht, egal ob geliefert wird oder nicht geliefert wird, dass es immer schon geopolitische Überlegungen waren, die all dem zugrunde liegen, je nach Sichtweise und Zielsetzung, und je nach Gruppierung, die gerade das Zepter in der Hand hält. Wir, die letzte Bastion des Westens, Verfechter der Demokratie und der freien Welt, die wir uns von dem einen Land abgewandt haben, dem Aggressor und dem Feind, um von anderen Staaten, auch von kleinen, dafür umso mächtigeren, solchen, die mit Demokratie so viel am Hut haben wie die Schweiz mit der Sahara, teures Gas einzukaufen und anderes auch. Wir, die Scheinheiligen und Abgehobenen, die mit zweierlei Maß messen, die wir auch weiterhin und trotz allem Teslas kaufen, Jeans und Sportklamotten mit einem schwarzen Häkchen im Logo. Wir, die wir bei Mac Donalds essen, Hollywood Blockbuster konsumieren und Netflix und Instagram, die auf X posten und auf facebook die Nachricht lesen, dass jetzt aufgerüstet wird und diese Shoppingtour merkwürdigerweise geradewegs über den Atlantik führt. Wir, die wir jede politische Errungenschaft als nationalen Erfolg feiern, während jedes Problem und jede gescheiterte Reform in Brüssel verortet wird, weil auch das bequem ist. Wir, die wir zunehmend auf Autokraten hoffen, weil eine einfach vorgetragene Lösung leichter zu verstehen ist, als komplexe, überfordernde Zusammenhänge, wir, die wir glauben, dass man mit viel naiver Hoffnung und noch mehr Wegschauen sich schon irgendwie durchschwindeln wird können, während das Leid und die Last, die unsere Errungenschaften und der Wohlstand eben auch mit sich bringen, weit genug weg sind, anderswo, in fernen Ländern oder in den Hochhäusern am Rande unserer Städte. Wenn wir nur aufwachen würden aus diesem Märchenschlaf, aus dieser hochnäsigen und abgehobenen Position, wenn wir die Arroganz ablegen würden und die persönlichen Befindlichkeiten auch, genauso wie die lähmende Bequemlichkeit, könnten wir dann zueinander finden, jenseits von Einzelinteressen und Grenzen und damit diesem verstaubten und überbürokratisierten Konstrukt Europa, das einst gegründet wurde, um Kriege zu vermeiden und Wohlstand für möglichst viele zu sichern wieder neues Leben einhauchen? Die Antwort darauf wird nie eine eindimensionale sein. Versuchen sollten wir es trotzdem, was bleibt uns denn sonst noch übrig?
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