Venedig, sterbende Schönheit



Die Bewohnerzahl hat sich in den letzten vierzig Jahren nahezu halbiert, die Besucherzahl hingegen in nur zehn Jahren verdreifacht. Von 20 Millionen sind 13 Mio. Tagestouristen, die aus den Rachen riesiger Kreuzfahrtschiffe ausgespuckt und mit privaten Booten an Land verschifft werden, wo sie mit mitgebrachten Plastikwasserflaschen im kostenlosen Freizeitpark Venedig herumlaufen. Kaum ein Bäcker oder Fleischer ist im Zentrum zu finden, einer der letzten Gemüsehändler hat vor kurzem geschlossen, dafür säumen Kunstgalerien und Souvenirläden die Gassen. Man kann der Stadt beim Sterben zusehen, sagen die Venezianer, wenn aus dem Kino ein Benetton-Laden wird, das Postamt zum Einkaufszentrum, denkmalgeschützte Gebäude zu Hotelrestaurants. Einnahmen bleiben nicht in Venedig, Mieten sind meist unerschwinglich, unzählige Ferienwohnungen werden nicht selten nur ein oder zwei Wochen im Jahr bewohnt: Wenn es so weitergeht, ist Venedig nach 2030 ausgestorben.